In der Galerie
»Hans Vent – Im Raum der Figur«
13.01. bis 17.02.2024
Eröffnung: Freitag 12.01.2024, 19:30 Uhr
Laudatio: Christian Ulrich
Hans Vent
Maleri, Grafik, Plastik
Hans Vents Bilderfindungen und Motive in Malerei, Grafik und Plastik beruhen auf Seherlebnissen und Seherfahrung, auf Anschauung und der Konsequenz von Werkentscheidungen. Sie entstanden in Bezug und Reibung mit dem aufgerissenen Feld der Bild- und Spielmöglichkeiten, das die Klassische Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts eröffnete. Im Raum dieser Möglichkeiten suchte Hans Vent eine eigene Behauptung von Figur als Bildfiguren, die gerade im Spätwerk also weniger Abbild oder Menschenbild, sondern vorrangig »Bildmenschen« sind.
weiterlesen klicke auf das + Zeichen
Der Titel der Ausstellung »Im Raum der Figur« bezieht sich also zum einen auf den Echoraum von Tradition, Anregung und Erweiterung innerhalb der Entwicklung figürlicher bildender Kunst. Zum anderen scheinen Vents Figuren aus sich heraus ihren eigenen Raum zu definieren. Sie verschränken sich in der Malerei nicht mit gebautem Raum und beziehen ihren Maßstab selten aus der Einordnung in Relationen. Auch die Plastiken von Hans Vent sind kein verschlossenes, raumabweisendes Gegenüber, sondern bilden einen Ort aus den Verschränkungen der Gliedmaßen und den Beugungen von Volumen, der sich zum Betrachter öffnet und Einlass gewährt.
Während der Künstler am Anfang des Werkes die Figur noch zur Landschaft in Beziehung setzt oder sie verknüpft mit Innenraum und Dingwelt, löst er sie im Fortgang des Werkes zunehmend aus konkreter landschaftlicher Gebundenheit, wie er sie auch freistellt von zeitgenössischer Bekleidung und der Zuordnung zu Gegenständen. Ein äußerer Beweggrund für diese Entscheidung mag in der frühen Verweigerung gegenüber den Forderungen der Kunstpolitik der DDR nach Gesellschafts- und Zeitbezug, nach Abbildern geschönter Wirklichkeit und Schilderungen aus der Arbeitswelt zu finden sein. Jedoch bildet sich in dieser fortschreitenden Konzentration wohl auch Vents Interesse an den Möglichkeiten figürlicher Bildhauerei und die Bewegung hin zu eigenen plastischen Arbeiten ab.
Massivität, Körperarchitektur, Tektonik. Kopf, Ganzfigur, Torso – Hans Vent gewinnt aus Begriffen, die man vielleicht primär mit dem Aufgabenfeld der Skulptur und Plastik verknüpft, ganz eigene Fragestellungen für Malerei und Zeichnung.
Der Maler verspannt seine Bildfiguren in diagonalen, horizontalen und vertikalen Kräfteverhältnissen, Schwebezuständen und Konfrontationen, die obwohl er das Inhaltliche meidet, existentielle Grunderfahrungen des Menschseins zum Ausdruck bringen.
Vents Form- und Figurenmotive erwuchsen aus dem jahrelangen Studium der Figur am Meer, in der Natur, die sich dort in den Polen von Lagern, Ruhen und der Bewegung, dem Aufbruch zeigte. Das Aktive und die Bewegungsmotive im Schreiten, Aufrichten und Berühren eines Gegenübers, das in der Malerei und Zeichnung schon ausgeprägt waren, erfassten auch die Plastik und das Relief.
»Nur durchs Erfinden wird die erlebte Wirklichkeit auf ihre Wahrheit zurückgezwungen.«, schreibt die Schriftstellerin Herta Müller und berührt mit dem Wort vom Zurückzwingen etwas, dass in Vents vitalen Formbehauptungen an Kraft, aber auch an Gewalt enthalten ist.
Christian Ulrich, November 2023
Video zur Ausstellung
Eröffnungsrede von Christian Ulrich als PDF
Link zur Hans Vent Stiftung
Rundgang durch die Ausstellung
Termine Veranstaltungen
Vernissage
Freitag, 12.01.2024, 19.30 Uhr
Hans Vent »Im Raum der Figur«
Malerei, Grafik, Plastik
Es spricht Christian Ulrich
Musik: Alexandra Heimberger – Gesang und Haiyan Sun – Akkordeon
Lesung
Freitag, 26.01.2024, 19 Uhr
Über Kunst und Kollegen
Texte von Joachim John, Wolfgang Leber,
Werner Stötzer und Hans Vent
Es lesen Wolfgang Leber, Christina Renker und Christian Ulrich
Führung
Donnerstag, 01.02.2024, 18 Uhr
Der Kunstwissenschaftler Thilo Billmeier führt
durch die Ausstellungen
Vortrag
Dienstag, 13.02.2024, 19 Uhr
Der Maler Hans Vent – Erinnerungen an einen Freund
Dr. Fritz Jacobi, Kunsthistoriker
Aus Anlass des 90. Geburtstages von Hans Vent
Im Anschluss Gespräch zwischen Dr. Fritz Jacobi,
Gudrun Schmidt, Kunstwissenschaftlerin und Christina Renker, Keramikerin
Finissage
Freitag, 16.02.2024, 19.30 Uhr
Im Kabinett
»PERIPETIE«
Joachim John
13.01.2024 bis 17.02.2024
Eröffnung 12.01.2024, 19.30 Uhr
Einführende Worte: Christian Ulrich
Joachim John
Zeichnungen
Joachim John kam über Umwege zur bildenden Kunst. Es gab in seinen jungen Jahren auch den Zug hin zum Theater, so arbeitete er zunächst als Bühnenhandwerker und studierte noch ein Jahr Schauspielregie, bevor das Zeichnen und Malen auch unter der Mentorenschaft von Otto Niemeyer-Holstein, später von Fritz Cremer und Hans Theo Richter den Vorrang bekamen.
weiterlesen klicke auf das + Zeichen
Drama und Komödie finden sich in seinen Zeichnungen auch unabhängig von Blättern zu literarischen Texten. Dem offenen Drama des modernen Theaters mit einer Vielzahl von Figuren, in dem die Konflikte nicht gelöst, in dem die Fragen angerissen bleiben, sind Joachim Johns zeichnerische Beobachtungen von Zeit und Gesellschaft, auf eine in die grafische Sprache übersetzte Weise, nahe.
Joachim John hat zeitlebens in schriftlichen Äußerungen oder im Gespräch die eigenen Zweifel an seiner künstlerischen Arbeit geäußert. Zugleich wurde er von Freunden und Künstlerkollegen auch als kritische Stimme wahrgenommen, in dessen Bemerkungen für die Betroffenen eine Herausforderung lag. Beides findet sich auch in seinen gezeichneten Blättern, der fragende Blick gegen sich selbst, in unzähligen Selbstbildnissen festgehalten, und der ironische und sezierende Blick auf die Um-Welt, auf die Geschicke und Missgeschicke der Menschheit in Gegenwart und Geschichte, auf die politischen Krater, die historischen Vernarbungen von Schuld und auf die Abgründe menschlicher Gewalt.
Die Welt einsaugen, um selbst ausatmen zu können – verbindet Joachim John mit anderen Künstlern, wie Max Beckmann oder Otto Dix, auf deren Werk und Person der Zeichner in der eigenen Arbeit wiederholt reflektierte.
Wie als Ausgleich zum Maßnehmen an Misere, Kipppunkten und Katastrophen scheinen Johns Landschaftszeichnungen und ‑radierungen ein stiller Rückzugsort zu sein, in denen der Mensch nur in Entfernung klein und unbedeutend gegen das Wachstum und Sein von Natur als dunkler Punkt in der Größe des Ganzen erscheint.
Der Zeichner fand in seinen letzten Lebensjahren zu neuen Lösungen in seinen Blättern. Losgelöst von den Gravitationskräften schweben seine Bilderfindungen und Figuren in einem Raum, der nur der Zeichnung gehört. Die Arbeiten leben von Variation, von Wiederholung und Motivverkettungen, die eine zeitliche und räumliche Abwicklung von Gedanken andeuten und die den Betrachter durch das Bild führen.
Christian Ulrich, Oktober 2023